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K L A S S I S C H E   M O T O R R Ä D E R
L E H R T E   e. V.
 

Motorräder haben Namen, die ihnen ihre Hersteller verliehen haben. Sie heißen Mystic oder YZ. Manche Motorräder bekommen aber auch Spitznamen, und um die soll es hier gehen.

Die BMW-Boxer heißen Gummikuh, weil beim Gasgeben das Drehmoment des Kardans dazu führt, dass das Motorradheck aufsteigt. Die Federbeine werden gaaanz lang. Beim Gaswegnehmen sacken sie wieder zusammen. Dieser Effekt machte sich seit der Modellreihe /5 (für Unkundige: Strich Fünf) 1969 bemerkbar, denn das Fahrwerk dieser kompletten Neuentwicklung stammte aus den Werks-Geländesport-Maschinen. Seit BMW Parallelogramm-Schwingen verwendet, bei eine mitfedernden Stütze das Drehmoment aufnimmt, gibt es den Effekt nicht mehr. Übrigens sah es immer schlimmer aus, als es war. Wer kann schon in einer Kurve einfach durch Gasgeben die Bodenfreiheit erhöhen? Übrigens wurden die BMW-Motorräder ab der /5 in Berlin gebaut.

Zur gleichen Zeit, Ende der sechziger, um Berlin herum, fuhr der Klassenfeind MZ. Das heißt nicht "Moto Zoni" und auch nicht, wie ein Holländer mal meinte, "Mächtig Znell", sondern "VEB Motorradwerk Zschopau". Dass die ersten MZ aussahen wie DKW's und die Jungs in Zschopau von 2-Takt was verstanden, liegt daran, dass es sich um das ehemalige DKW-Werk handelt. Und von 1956 bis 1972 baute MZ das Modell ES (also Einzylinder Schwinge) mit einem rahmenfest montierten Scheinwerfer. Der Spitzname Eisenschwein bürgerte sich (gab es das?) wegen der interessanten Formgebung und der Modellbezeichnung ein. Grundsätzlich ist aber jede MZ erst einmal eine Emme, und das vom Werk jährlich veranstaltete große Markentreffen heißt natürlich Emmenrausch. Ab 1969 stand "Trophy" auf dem Tank, weil MZ sechs mal die Geländeweltmeisterschaft gewonnen hat. Auch im Straßenrennsport fuhr MZ damals ganz vorne mit.

Von DKW wurde 1953 eine Zweitakt-Rennmaschine vorgestellt, die wegen ihrer charakteristischen Geräuschentwicklung Singende Säge genannt wurde. Die 350er war mit 12.000 U/min angegeben, aber auch 13.000 waren kein Problem. Als für die Probefahrt eines Journalisten kein Drehzahlmesser verfügbar war, riet man ihm: "Drehen Sie den Motor, bis er pfeift, und dann weiter, bis die Maschine nicht mehr schneller geht".

Einer der traditionellsten Spitznamen ist Grüner Elefant und bezeichnet die Zündapp KS 601, gern auch mit Seitenwagen. In den fünfzigern war das ein echtes Big Bike und dieses Grün gab es wirklich nirgendwo anders. Übrigens mit Kardan zum Hinterrad, aber mit kettengeschaltetem Getriebe.

Die Honda CX 500 hat ihren Namen Güllepumpe einem Comic zu verdanken. Brösel zeichnete die Geschichte, in der Werner einem verzweifelten Landwirt hilft, indem er einer vorbeikommenden CX die Kühlschläuche kappt, um die Wasserpumpe zur Gülleförderung zu nutzen. Japanische Motorräder können also auch anders heißen als Reiskocher oder, wenn vollverschalt, Joghurtbecher. Es gibt aber auch Klassiker aus Fernost. Unbedingt dazu gehört der Wasserbüffel Suzuki GT 750 aus der Zeit, als Big-Bikes noch Zweitakter sein durften. Unvergessen ist die drei-in-vier Auspuffanlage. Wegen der Symmetrie teilte sich der mittlere Krümmer. Nicht hierher gehört die Goldwing, die heißt wirklich so.

BMW baut auch noch Motorräder mit Drei- und Vierzylindermotoren. Um nicht mit Japanern verwechselt zu werden, um die Kunden nicht mit stehenden Zylindern zu verunsichern und um ohne Motorausbau die Kurbelwelle warten zu können entschloss man sich Anfang der Achtziger zu liegenden Motoren: Kopf links, Kurbelwelle rechts. Logisch, dass diese Bauform bald Quertoaster hieß. Die Fahrer hören lieber Flying Brick, aber dass heißt auch nur fliegender Ziegelstein. Das Design war bis ins Detail durchdacht; die Vierzylinder hatten einen viereckigen und die Dreizylinder einen dreieckigen Auspuff. Deshalb werden die Dreizylinder gern auch Dreikantfeile genannt.